Kurz vor Weihnachten überkommt mich Märchenhaftes. Und so ist die nun folgende Geschichte entstanden.
Was, Sie haben keine Zeit?
Schon gar nicht für Märchen?
Dann schenke ich Ihnen ein paar kostbare Minuten.
Jetzt und hier:
💝BITTESCHÖN💝
🌟Also machen wir es uns gemütlich.🌟
Zwei Tage vor Weihnachten fing es plötzlich heftig an zu schneien.
Die Dächer der großen Villen von gegenüber hatten schon eine dicke Schneemütze auf. Es dämmerte bereits und die Schneeflocken tanzten wie wild im Laternenlicht. Das Postauto hielt vor unserem Haus und ich beobachtete den Postboten wie er eilig mit unzähligen Paketen jonglierte. Er hatte so kurz vor dem Weihnachtsfest noch jede Menge zu tun.
Ein bisschen wehmütig war mir dabei zumute, denn dieses Jahr zu Weihnachten würde er nicht bei uns klingeln. Eine Weihnachtspuppe im Paket war nicht zu mir unterwegs. Aus reinen Vernunftgründen hatte ich so entschieden.
Ich schaute aus unserem Wohnzimmerfenster im 3. Stock noch immer nach unten die Straße entlang und mein Blick blieb wie jedes Mal an dem kleinen Eckladen mit den ewig geschlossenen, grünen Fensterläden hängen. Zwischen zwei großen, modern sanierten Häusern eingequetscht, sah das kleine Häuschen mit dem Eckladen unwirklich aus, ein Überbleibsel einer längst vergangenen Zeit. Und offensichtlich hatte es nicht nur gute Zeiten erlebt. Aber es trotzte tapfer mit seinen schiefen, löchrigen Dachrinnen der Nässe und dem Schneetreiben. Noch baumelte das Ladenschild an der Hausfassade und nur mühsam konnte ich die verschnörkelten Buchstaben darauf erkennen.
A. & M. Rosenthal
Ankauf und Reparaturen von Spielzeug aller Art
Das Häuschen und der Laden gehörten einem alten, freundlichen und etwas wunderlichen Ehepaar, dass noch immer über dem Ladengeschäft Räumlichkeiten bewohnte. Früher hatten sie Puppen, Teddybären und Spielzeug gesammelt und verkauft. Als Puppendoktor manchen Teddybär zusammengeflickt, Ohren wieder angenäht und schielende Puppenkinder verarztet, so dass die geliebten Spielzeuge der Kinder unter dem Weihnachtsbaum wieder fast wie neu aussahen.
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Heutzutage verirrte sich kaum noch jemand hierher. Nur einmal sah ich eine junge Frau mit einem eingewickelten Karton an der Ladentüre den altmodischen Türklopfer betätigten. Auch nach langem klopfen öffnete niemand.So wie die Türe des kleinen Geschäfts waren auch die grünen Fensterläden am Schaufenster immer geschlossen.
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Plötzlich klatschte eine dicke Schneeflocke an meine Fensterscheibe und riss mich aus den Gedanken. Was machte ich denn hier. Der Postbote würde nicht klingeln, ich wusste es doch und nur noch zwei Tage bis Weihnachten........ auch ich hatte noch soviel zu tun.....
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Am Heiligen Abend, schon vormittags, zogen dunkle Wolken auf. Es schneite nur noch leicht, hörte dann auf und schließlich wurde es windig und milder. Wie jedes Jahr zu Weihnachten war unser Weihnachtsbaum im Wohnzimmer nostalgisch geschmückt, die Lichter brannten. Am späten Nachmittag kommt dann die Familie zusammen, erst gibt es den obligatorischen Kartoffelsalat mit Wiener Würstchen und dann freuen sich alle auf die Bescherung.Ich wühlte im Wohnzimmerschrank nach dem guten Silberbesteck und als ich mich etwas ungeschickt am Fenster neben Weihnachtsbaum und Puppenstube vorbei schob, fiel mein Blick durch die Scheibe auf die Straße.......
........Lametta hing an meinem Kleid, der Karton mit dem Besteck kippte und fiel mit lautem Klirren auf das Parkett. Ich traute meinen Augen nicht:
Im Eckladen mit den grünen Fensterläden brannte Licht !!!
Ein klappriges Auto hielt davor, eine Frau mit Hund, Hut und Korb stand vor der Ladentür und ich sah wie der kleine Mann, vom netten alten Ehepaar, wild mit den Armen gestikulierte und den Kopf schüttelte.
Neugierig riss ich das Fenster auf und konnte nur Wortfetzen aufschnappen. Der Wind wirbelte die Worte zum mir hoch wie Schneeflocken: "Nein.......niemals wieder..........will keiner..........schon lange her..........nichts zu machen".
Dann ging die Ladentüre zu, das Auto fuhr los, das Licht hinter den grünen Fensterläden erlosch.
Ich konnte mir nicht erklären, was den guten Mann so durcheinanderbrachte und schon wollte ich mein Fenster wieder schliessen, da sah ich ihn stehen im Lichtkegel der Straßenlaterne. Die Frau mit Hund und Hut hatte einfach ihren Korb auf den Stufen des Eckgeschäftes mit den grünen Fensterläden stehen lassen.
Jetzt hielt mich nichts mehr. Ich stolperte über das heruntergefallene Silberbesteck, warf mir im laufen den Mantel über, rannte 73 Stufen hinunter, um gleich darauf in Hausschuhen über die noch schneebedeckte, klatschnasse Straße zu rutschen. Kein Mensch war zu sehen, kein Auto fuhr, in der Ferne bimmelte eine Straßenbahn.
Nur ein Weihnachtsmann (aus der Nachbarschaft) stöhnte laut unter der Last seiner Geschenke und dem Schneematsch unter seinen Stiefeln, als er um die Ecke bog.
Langsam ging ich auf den Korb zu.
Das schummrige Licht der Straßenlaterne ließ alles unwirklich erscheinen. Stille ringsum. Aber mir schossen tausend Gedanken durch den Kopf. Durfte ich überhaupt hier sein, in den Korb schauen, ihn vielleicht mitnehmen? Ging mich alles eigentlich etwas an? .................
Ich konnte einfach nicht anders.
Noch zögerte ich etwas aber dann zog ich die bunte Wolldecke ruckartig zurück. Mein Herz klopfte nicht, es hämmerte und schließlich machte es einen Sprung.
Ein schmutziges Porzellangesicht mit großen, strahlend-blauen Puppenaugen blickte mir freundlich entgegen. Unter der braunen Strickmütze mit Fellbesatz quoll hellblondes Mohair-Haar hervor. Ich musste nicht mehr sehen, mein Herzschlag setzte aus.
Eine uralte Puppe, ein Weihnachtsengel, ein Findelkind lag da im Korb und war auf den Stufen des kleinen Ladens an der Ecke einfach so und absichtlich vergessen worden.
Schon hielt ich den Griff des Korbes fest umklammert. Die Kleine mit dem schmutzigen Porzellangesicht würde nicht auf der nassen Straße bleiben. Nicht an Weihnachten!
Wie ein Dieb in der Nacht blickte ich mich ängstlich um.
Der Wind zerrte an meinem Mantel und nun fing es auch wieder zu schneien an, als mein Blick auf das große Schaufenster mit den grünen Fensterläden fiel........
..................Ich konnte es nicht fassen!
Die ewig geschlossenen grünen Fensterläden standen offen. Kurz blendete mich ein helles aber warmes Licht im Schaufenster und dann war ich nur noch überwältigt.Die Auslage im Fenster war festlich geschmückt. In der Mitte stand ein Federbaum und seine dünnen Zweige bogen sich unter der Last der vielen kleinen Glaskugeln, den zauberhaften Ornamenten aus Dresdner Pappe, glitzernden Tinsel, kleinen Zuckerstangen, Vögeln, Weihnachtsmännern und lieblichen Watteengeln.
Um den Baum herum standen und saßen große und kleine antike Porzellankopfpuppen. Jede in ihrem prächtigen, antiken Festtagsgewand. Und über dem Weihnachtsbaum zog ein kleiner, uralter Engel mit Spieluhr seine Runden und durch das dicke, alte Glas der Schaufensterscheibe hörte ich wie sie leise spielte: Stille Nacht, heilige Nacht .....
Diese wunderbare Weihnachtsszene lies mich nicht los. Schneeflocken tanzten mir vor die Nase, meine Hände waren kalt und die Nässe kroch durch meine dünnen Hausschuhe. Aber von all dem merke ich nichts. Wie verzaubert stand ich vor dem weihnachtlichen Schaufenster des kleinen Geschäftes in dem es glitzerte und funkelte. Ich kam mir vor wie Alice im Wunderland, die fiel und fiel und fiel........
Erst nach einer gefühlten halben Ewigkeit schließlich, spähte ich mit halbzugekniffenen Augen in das Innere des im Halbdunkel liegenden kleinen Ladenraumes.
Vor der alten Verkaufstheke mit den unzähligen Schubkästen stand das nette alte Ehepaar Rosenthal und zwinkerte mir freundlich und wohlwollend zu...
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Der 1. Weihnachtsfeiertag war angebrochen und über Nacht hatte der Frost die schönsten Eisblumen auf unser Dachfenster gemalt.
Lange Eiszapfen waren an den Dachrinnen der alten Gründerzeithäuser von gegenüber gewachsen. Wohlig streckte ich mich noch schläfrig im warmen Bett.
Meine Gedanken kreisten um das Erlebte. War es real, ein Traum, hatte ich alles tatsächlich gestern am Weihnachtsabend erlebt?
Ich riss die Augen auf und drehte mich um. Und da stand er - der Korb - mit dem schmutzigen Findelkind, dass keiner mehr wollte. Ich war so glücklich. Jetzt hatte es bei mir endlich wieder ein Zuhause gefunden.
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Den kleinen Eckladen in unserer Straße gibt es tatsächlich und ich kann ihn auch von unserem Wohnzimmerfenster aus sehen. Er hat auch grüne Fensterrahmen und große Schaufensterscheiben. Durch sie blickt man in einen fast leeren, kalten Raum in dem manchmal mehrere Stuhlreihen stehen. Alles ist sauber saniert, nichts erinnert mehr an etwas vergangenes, altes, verwunschenes und niemand vermag mehr zu sagen was für ein Ladengeschäft hier mal war und ob es einem netten Ehepaar gehörte.
Auf der blitzsauberen Schau-Fensterscheibe stehen fein aufgeklebte Buchstaben:
S p r a c h - I n s t i t u t
und man erfährt, dass hier jedermann jetzt deutsch lernen kann...Und natürlich gibt es auch das blonde Findelkind mit dem schmutzigen, doch recht beschädigten Porzellankopf. So rührselig wie in meiner weihnachtlichen Geschichte ist es nicht zu mir gekommen.
Es ist eine Gebrüder Kühnlenz DEP 44-34 Puppe, hergestellt um 1895 . Ich sah einst ein Bild solch einer Puppe in einem Puppenpreisführer und ich war hin und weg von ihrer Ausstrahlung.......
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Wie schrieb mir erst kürzlich eine liebe Puppenfreundin...........die Dinge, sie finden uns.........
Und genauso war es. Ich habe all die Jahre nicht nach dieser Puppe gesucht aber vor ein paar Monaten hat sie mich gefunden und die nächsten Jahre passe ich auf die Kleine mit dem schmutzigen Porzellangesicht, den blauen Augen und dem blonden Haar auf...
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Ich wünsche uns allen
besonders aber meinen Lesern, Puppenfreunden und meiner Familie eine friedvolle, ruhige, wundersame und zauberhafte Weihnachtszeit.
besonders aber meinen Lesern, Puppenfreunden und meiner Familie eine friedvolle, ruhige, wundersame und zauberhafte Weihnachtszeit.
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Anke
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